Wechselmodell: Die Eltern können sich auch darauf einigen, dass das Kind abwechselnd bei beiden Eltern leben soll, jeweils zur Hälfte von ihnen betreut wird und auch die Erziehungsverantwortung gleich verteilt ist. Eine derartige Regelung wird als Wechselmodell bezeichnet. Sie hat Auswirkungen auf die Unterhaltsverpflichtungen, auf den Kindergeldbezug (siehe Kapitel Existenzsicherung und dort Abschnitt Unterhalt) sowie auf sozialrechtliche Leistungen wie Bedarf im Leistungsbezug nach SGB II, Wohngeld und Mehrbedarf. NEU: Chat für Alleinerziehende. Hier gratis …
Ein solches Modell erfordert ein hohes Maß an Absprachen, Kooperation, Kommunikation und Kompromissbereitschaft der Eltern. Die Eltern müssen in der Lage sein, ihre Konflikte einzudämmen und sich an den Bedürfnissen des Kindes auszurichten. Die Frage, welche Betreuungsregelung das Beste für das Kindeswohl ist, kann die Forschung derzeit nicht beantworten. Aus psychologischer Sicht ist nicht die Quantität, sondern die Qualität der Kontakte mit den Eltern für das Wohl des Kindes entscheidend.
Das Kind braucht genügend Zeit, um mit beiden Eltern positive Kontakte zu pflegen, ohne dass beziffert werden könnte, wie viel Zeit dafür mindestens notwendig ist. Was für das eine Kind gut ist, muss nicht für das andere gut sein. Deshalb sollten die Eltern versuchen, eine Regelung zu finden, die zu ihrem Kind und der individuellen Situation der Familie passt. Es gibt immer mehr Eltern, die glauben, gemeinsame Sorge der Eltern bedeute automatisch eine Betreuung des Kindes im Wechselmodell. Das ist nicht der Fall.
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Es empfiehlt sich, eine Umgangsvereinbarung zu treffen, in der die gewöhnlichen Umgangstermine, aber auch Vereinbarungen für besondere Termine wie Geburtstage und Feiertage sowie für die Ferien festgelegt werden. Hilfreich kann es auch sein, zu vereinbaren, wie das Bringen und Abholen des Kindes erfolgt und wie eigene Termine des Kindes wie beispielsweise die Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen oder Geburtstagen von Freunden und dergleichen geregelt werden sollen.
Hilfen für eine am Wohl des Kindes orientierte Umgangsgestaltung und eine Mustervereinbarung für die Umgangsregelung bietet Eltern der „Wegweiser für den Umgang“ (siehe Bezugshinweis am Ende dieses Kapitels). Die gewählte Umgangsregelung sollte von Zeit zu Zeit überprüft werden. Wenn sich die Lebensumstände ändern, sollte sie entsprechend verändert werden.
Können sich die Eltern nicht über die Ausgestaltung und Durchführung des Umgangs einigen, können sie sich an das Jugendamt oder an Beratungsstellen anderer Träger wenden und sich dort beraten lassen. Wird auch so keine Einigung erzielt, kann das Familiengericht hierzu eine gerichtliche Regelung erlassen, in der die wichtigsten Aspekte des Umgangs mit dem Kind festgelegt werden.
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Selbst eine gerichtliche Umgangsregelung, die im Ergebnis zu einer gleichmäßigen Betreuung des Kindes durch beide Eltern im Sinne eines paritätischen Wechselmodells führt, ist nicht ausgeschlossen. Für eine solche Anordnung des Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils hat der Bundesgerichtshof allerdings hohe Anforderungen formuliert, die eher selten erfüllt sein dürften. U.a. wird die Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern vorausgesetzt, ein Grundkonsens in wesentlichen Erziehungsfragen sollte vorliegen.
Bei einem erheblich konfliktbelasteten Verhältnis der Eltern liegt eine solche Anordnung in der Regel nicht im Interesse des Kindes (BGH Beschluss vom 1. Februar 2017 – XII ZB 601/15).
Umgangsverfahren werden vom Gericht vorrangig und beschleunigt geführt. Sind die Differenzen auch mit der gerichtlichen Regelung des Umgangs nicht beizulegen, kann ein Elternteil ein gerichtliches Umgangsvermittlungsverfahren beantragen (§ 165 FamFG).
Im Rahmen dieses Verfahrens soll vom Gericht ein Vermittlungsversuch zwischen den Eltern unternommen werden. Zu dem Vermittlungsgespräch kann auch das Jugendamt geladen werden. Das Gericht weist darauf hin, dass die Missachtung von gerichtlich angeordneten Umgangsregelungen Rechtsfolgen wie Geldbuße, Haftstrafe oder Sorgerechtsentzug nach sich ziehen kann.
Damit Eltern und Kind ihr Recht auf Umgang auch ungehindert ausüben können, haben sie wechselseitig die Pflicht, alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil belasten würde (§ 1684 Abs. 2 BGB). Diese im Gesetz verankerte Regelung wird auch „Wohlverhaltensklausel“ genannt. Wichtig zu wissen ist, dass diese Klausel für beide Eltern gilt und nicht nur für den betreuenden Elternteil.
Wird diese Pflicht zum Wohlverhalten dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht eine Umgangspflegschaft zur Durchführung des Umgangs anordnen. Dabei wird einem/ einer Umgangspfleger/in das Recht übertragen, für die Dauer des Umgangs den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen und die Ausübung des
Sorgerechts der Eltern insoweit eingeschränkt.
Da das Umgangsrecht auch ein eigenständiges Recht des Kindes ist, hat es einen Anspruch auf Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt, wenn ein Elternteil den Umgangswünschen des Kindes nicht nachkommt (§ 18 SGB VIII). In Umgangsverfahren kann das Gericht dem Kind einen Verfahrensbeistand zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes zur Seite stellen. Der Umgang mit dem Kind kann auch ausgeschlossen oder beschränkt werden (§ 1684 Abs. 4 BGB).
Bei Umgangsschwierigkeiten ist es zunächst sinnvoll, sich Hilfe und Unterstützung durch das Jugendamt oder andere Beratungsstellen zu holen. Ist dennoch keine Lösung der Konflikte möglich, kann das Familiengericht einen begleiteten Umgang anordnen, den Umgang einschränken oder ausschließen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Tipp: Hier warten tausende alleinerziehende Singles, Sie kennenzulernen…
Ein begleiteter Umgang oder ein Umgangsausschluss kommt in den Fällen in Betracht, in denen der Schutz des Kindes während des Umgangs nicht gewährleistet werden kann, zum Beispiel bei einem gewalttätigen Elternteil, bei Gefahr des sexuellen Missbrauchs oder der Kindesentführung. Auch bei bestimmten psychischen Erkrankungen oder wenn ein Kontakt zwischen Kind und Elternteil erst angebahnt werden muss, kann im Einzelfall ein begleiteter Umgang notwendig sein.
Diese Form des Umgangs findet in der Regel an einem neutralen Ort (z. B. in einer Erziehungsberatungsstelle) und unter der Anwesenheit einer dritten Person (z. B. eine sozialpädagogische Fachkraft oder eine Person Ihres Vertrauens) statt. Der begleite Umgang ist immer eine befristete Maßnahme mit der Zielsetzung, einen eigenverantwortlichen, sicheren Umgang zwischen dem umgangsberechtigten Elternteil und dem Kind herzustellen.
Bei dieser Form des Umgangs sollten Sie darauf achten, dass der Umgangskontakt auch beim Wechselmodell von einer kompetenten Person begleitet wird, zu der Sie Vertrauen haben. Wichtig ist, dass sich das Kind in der Situation gut aufgehoben fühlt und mit seinen Ängsten und Vorbehalten behutsam umgegangen wird. Wenn Sie den Eindruck gewinnen, dass das Kind während des begleiteten Umgangs leidet und verstört reagiert, sollten Sie dies unbedingt gegenüber der begleitenden Person/ Institution thematisieren. Falls man auf Ihre Bedenken nicht eingeht, sollten Sie sich ggf. anwaltlich beraten lassen. NEU: Chat für Alleinerziehende. Hier gratis …
Begleiteter Umgang wird von den Jugendämtern und von freien Trägern angeboten (z. B. Deutscher Kinderschutzbund, Caritas, Diakonisches Werk). Verweigert ein Kind nachhaltig den Umgang mit dem anderen Elternteil, ist diese Ablehnung durch das eigene Kind für den betroffenen Elternteil sehr schmerzlich. In der Folge sehen sich betreuende Elternteile bisweilen dem
Vorwurf ausgesetzt, sie würden das Kind derart beeinflussen, dass es nicht zum anderen Elternteil will.
Dieser Vorwurf wird häufig mit dem Begriff „parental alienation syndrome“ kurz „PAS“ verbunden, was übersetzt soviel wie „elterliches Entfremdungssyndrom“ bedeutet. Wenn Sie mit diesem Vorwurf konfrontiert werden, sollten Sie sich unbedingt anwaltliche Hilfe suchen, denn der vom amerikanischen Kinder- und Jugendpsychiater Richard Gardner entwickelte Erklärungsansatz des PAS geht grundsätzlich von einseitigem Verschulden des betreuenden Elternteils aus:
Wenn er als strategisches Argument eingesetzt wird, ist eine qualifizierte Auseinandersetzung damit erforderlich. Obwohl das „PAS“ in Deutschland in der Fachwelt auf große inhaltliche und methodische Zweifel stößt, hat es teilweise Eingang in die Rechtsprechung gefunden. Neuere wissenschaftliche Untersuchungen kommen jedoch weiterhin zu der Einschätzung, dass das Phänomen „PAS“ keine ausreichende wissenschaftliche Grundlage hat. So hat 2013 die amerikanische Gesellschaft für Psychiatrie eine Aufnahme des PAS als diagnostizierbares psychiatrisches Störungsbild in das weltweit am meisten verbreitete Klassifikationssystem für psychische Störungen (DSM-5) abgelehnt.
Mittlerweile wird vielmehr vertreten, dass das entfremdete Verhalten von Kindern vielfältige und unterschiedliche Gründe hat, die viel stärker als von Gardner angenommen auch im Verhalten des nicht mit dem Kind zusammenlebenden Elternteils begründet sind. Ebenso können im Kind begründete Faktoren wie beispielsweise altersabhängige Strategien zur Bewältigung der Trennungssituation eine Rolle spielen. In der Literaturliste am Ende dieses Buches finden Sie dazu vertiefende Informationen. Tipp: Hier warten tausende alleinerziehende Singles, Sie kennenzulernen…
Quelle: Eigene Recherche, BMFSFJ